Der Bundesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit Prof. Ulrich Kelber appelliert bei den diesjährigen Verbandstagen des Berufsverbands der Datenschutzbeauftragten Deutschlands (BvD) e.V. an Unternehmen und Organisationen, bereits bei der Entwicklung digitaler Produkte frühzeitig den Datenschutz mitzudenken. „Der pandemiebedingte Digitalisierungsschub ist unumkehrbar“, so Kelber mit Bezug auf alle gesellschaftlichen Bereiche und ergänzt: „Der Datenschutz muss bei der Produktentwicklung von Anfang an mitgedacht werden. Dann geht das preisgünstig, ohne Zeitverlust und in der Regel mit besserem Ergebnis.“
Den betrieblichen und behördlichen Datenschutzbeauftragten kommt laut Kelber bei der Entwicklung und vor allem der Einführung und Anwendung digitaler Technologien eine Schlüsselrolle zu: „Es ist die Aufgabe der betrieblichen und behördlichen Datenschutzbeauftragten, mit ihrer Expertise ihre Häuser zu unterstützen, digitale Projekte von der Planung bis zur Einführung datenschutzkonform aufzustellen.“ Wirtschaftsverbände und Politik müssten diese Notwendigkeit begreifen, so Kelber.
Als ärgerlich empfindet Kelber die unsinnige Debatte um die Benennung von betrieblichen Datenschutzbeauftragten, die im Zusammenhang mit der Evaluation des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) wieder aufgekeimt ist. „Die Schwächung der Unternehmen durch die Aushöhlung der Benennungspflicht ist eine Rolle rückwärts, die noch vielen auf die Füße fallen wird“, so Kelber. Stattdessen sollte man aus seiner Sicht die Rolle der Datenschutzbeauftragten stärken und ihnen die Möglichkeit geben, die Unternehmensleitung bei bestimmten Verpflichtungen nach der DSGVO zu entlasten. Das käme gerade auch kleineren und mittleren Unternehmen zugute. „Ich kann nur hoffen, dass die Bedeutung dieses Know-hows erkannt und für die Unternehmen und Verwaltungen besser nutzbar gemacht wird.“
Ein weiteres auf den Verbandstagen angeregt diskutiertes Thema waren die anhaltenden Angriffe auf den Datenschutz als vermeintliches Hindernis bei der Pandemiebekämpfung. Bereits in seiner Begrüßung zu den Verbandstagen stellte der BvD-Vorstandsvorsitzende Thomas Spaeing klar: „Die Mär vom Datenschutz als Hemmschuh ist natürlich nicht neu. Auch in den Diskursen um die Digitalisierung Europas wird man nicht müde, sie zu wiederholen. Ebenso hartnäckig betonen wir als BvD daher, dass man sowohl in der Pandemie als auch beim Thema Digitalisierung den Datenschutz als Sündenbock missbraucht, um die eigentlichen Probleme zu verschleiern. Bei Ersterer sind dies neben der schlechten Pandemie-Prävention selbst, eher unsere schlecht ausgestattete Verwaltung und die mangelnde Abstimmung von Plänen über Länder- und Kommunengrenzen hinweg. Bei Letzterer sollte das Augenmerk darauf gerichtet sein, Europas digitale Souveränität durch gezielte Förderung von europäischen Lösungen für die Zukunft zu sichern. Die Gewinnformel lautet daher, Digitalisierung und Schutz von Persönlichkeitsrechten zusammenzudenken.“
Mehr als 300 Datenschutzbeauftragte, Vertreter der Aufsichtsbehörden sowie aus Wirtschaft und Politik tagen bei den BvD-Verbandstagen Mittwoch und Donnerstag online unter dem Motto „Next Level Datenschutz. Der Datenschutzbeauftragte als Lotse in der Digitalisierung“. Am heutigen Freitag schloss sich an die Verbandstage erstmals auch ein Behördentag speziell für Datenschutzbeauftragte öffentlicher Stellen an. Für diesen kooperierte der BvD mit der Berliner Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit, der Landesbeauftragten für den Datenschutz und für das Recht auf Akteneinsicht Brandenburg, der Landesbeauftragten für Datenschutz Niedersachsen und der Landesbeauftragten für Datenschutz Schleswig-Holstein.
Nicht nur die BvD-Tagung, auch die in ihrem Rahmen üblicherweise begangene Verleihung des Datenschutz Medienpreises (DAME) wurde in den virtuellen Raum verlegt. Ausgezeichnet wurden die Hamburger Journalistin Svea Eckert und ihr Kollege Henning Wirtz mit ihrer YouTube-Reportage „Smart Speaker: Wobei Alexa, Siri & Co. heimlich mithören“ für das Content-Netzwerk „funk“ von ARD und ZDF. Die zum vierten Mal vergebene Auszeichnung ist mit 3 000 Euro dotiert und würdigt Medienschaffende und Kreative, die Datenschutz anschaulich und verständlich erklären. Auch zwei Sonderpreise in Höhe von jeweils 1 500 Euro wurden vergeben: Preisträger der Kategorie „Bester Beitrag Print“ sind Hannes Munzinger und Felix Ebert mit ihrem Artikel „Wie wir uns verraten/Auf Sendung“ aus der Süddeutschen Zeitung. Eine Instagram-Story über die Dating-App Lovoo aus der „News-WG“, einem jungen Politik-Format des Bayerischen Rundfunks, wurde als „Bester Beitrag Social Media“ ausgezeichnet. Beteiligt hieran waren Tobias Schießl, Max Osenstätter, Oliver Schnuck und Robert Schöffel. Insgesamt hatten sich 49 Beiträge um den Datenschutz Medienpreis 2020 beworben. Das Video der Preisverleihung findet sich unter www.datenschutzmedienpreis.de.
Bereits am Vortag der BvD-Verbandstage fand – ebenfalls digital – die ordentliche Mitgliederversammlung des BvD statt, auf der alle angetretenen bisherigen Vorstandsmitglieder für weitere zwei Jahre gewählt wurden. Erstmals in den Vorstand gewählt wurden Stephan Rehfeld sowie die bereits vorab als assoziierte Vorstände tätigen Petra Nietzer und Dr. Christoph Bausewein. Vorstandsvorsitzender bleibt Thomas Spaeing, stellvertretende Vorstandsvorsitzende sind Jürgen Hartz und Dr. Kai-Uwe Loser. Regina Mühlich als Finanzvorstand und Dr. Jens Eckhardt als Beisitzer Recht komplettieren das achtköpfige, ehrenamtlich tätige Gremium.
„Wir freuen uns, dass die Verbandstage sich auch im digitalen Raum als Treffpunkt der deutschsprachigen Datenschutz-Community etabliert haben“, so Thomas Spaeing. „Dennoch hoffe ich sehr darauf, dass wir uns bei unserer nächsten Konferenz im Herbst endlich einmal wieder vor Ort treffen und austauschen können.“ Die BvD-Herbstkonferenz findet mit anschließendem Behördentag vom 27. bis 29. Oktober 2021 in Nürnberg statt. Ein Themenschwerpunkt werden die Herausforderungen der digitalisierten Arbeitswelt sein.